1. John Locke (1632-1704) - Der Mensch als leeres Blatt
Menschenbild: Der Mensch kommt als "tabula rasa" zur Welt - ohne angeborene Ideen.
Erziehung: Ziel ist die rationale, tugendhafte, disziplinierte Persönlichkeit.
Mittel: Gewöhnung, Übung, Belohnung/Bestrafung; frühe Prägung durch Umwelt.
Anthropologische Voraussetzung: Der Mensch ist formbar durch Erfahrung.
Fazit: Erziehung formt den Menschen entscheidend - sie ist zentral für die Entwicklung.

 

Zentrale Gedanken seiner Erziehungstheorie:

  1. Erziehung formt den Menschen
    → Da der Mensch keine angeborenen Ideen hat, kommt der Erziehung zentrale Bedeutung zu. Sie prägt durch Erfahrungen, Eindrücke und Gewohnheiten die Persönlichkeit.

  2. Ziel der Erziehung:
    → Die Entwicklung eines vernünftigen, tugendhaften und selbstständigen Menschen – besonders mit Blick auf seine Rolle in der Gesellschaft (Gentleman-Ideal).

  3. Erziehung durch Erfahrung und Vorbild
    → Nicht starre Vorschriften, sondern praktische Anleitung, Beobachtung und Nachahmung sind entscheidend.
    → Große Bedeutung misst Locke auch der körperlichen Erziehung und Selbstdisziplin bei.

  4. Frühe Prägung
    → Kindheit ist eine prägende Phase: Wer früh tugendhafte Haltungen entwickelt, wird auch als Erwachsener vernünftig handeln.


2. Immanuel Kant (1724-1804) - Der Mensch als zu erziehendes Wesen
Menschenbild: Der Mensch ist nicht instinktgeleitet, sondern muss alles lernen.
Erziehung: Ziel ist Autonomie, Selbstdenken, moralische Reife.
Mittel: Anleitung, Disziplin, Bildung - aber auch Raum zur Selbsttätigkeit.
Anthropologische Voraussetzung: Der Mensch ist zur Freiheit und Vernunft fähig.
Fazit: Der Mensch wird erst durch Erziehung zum Menschen - sie ist ein moralisches Projekt.


3. Christian Gotthilf Salzmann (1744-1811) - Der Mensch als soziales und lernfähiges Wesen
Menschenbild: Der Mensch ist bildungsfähig, aber auch gefährdet durch gesellschaftliche Einflüsse.
Erziehung: Ziel ist praktische Vernunft, Tugend, gesellschaftliche Tauglichkeit.
Mittel: Übung, Erfahrung, Selbsttätigkeit des Kindes; lebensnahe Erziehung.
Anthropologische Voraussetzung: Der Mensch braucht Anleitung, aber auch eigene Erfahrungen.
Fazit: Erziehung soll auf das wirkliche Leben vorbereiten und fördert die aktive Rolle des Kindes.


Gemeinsames der drei Ansätze- Erziehung ist notwendig zur Entfaltung des Menschseins.- Der Mensch ist entwicklungsfähig und bildbar.- Unterschiede bestehen in der Stärke und Art der pädagogischen Prägung

Benner (2001)

  1. Bildsamkeit des Menschen zur Selbstbestimmung;
  2. Aufforderung zur Selbständigkeit bzw. Selbsttätigkeit (denn das erste Prinzip entfaltet sich nur durch die Mitwirkung des Heranwachsenden). Die nächsten beiden beziehen sich auf die gesellschaftliche Seite:
  3. Überführung gesellschaftlicher Determination (der Erziehungspraxis) in pädagogische Determination (d.h., die gesellschaftliche Einflussnahme muss pädagogisch geprüft, kontrolliert, korrigiert werden, z.B. in den Institutionen wie Schule, aber auch Straßenverkehr);
  4. Zusammenhang aller menschlichen Praxen und gemeinsame Aufgabe der Höherentwicklung der Menschheit

 

Die wichtigsten Punkte einfach erklärt:

  • Menschen sind nicht "fertig geboren" – sie müssen sich entwickeln und selbst gestalten.
    → Deshalb brauchen sie Erziehung.
  • Erziehung basiert auf zwei Ideen:
    • Menschen sind bildsam – sie können sich verändern und selbst bestimmen.
    • Menschen müssen zur Selbstständigkeit aufgefordert werden – sie sollen selbst aktiv werden, nicht nur etwas übernehmen.
  • Aber: Erziehung findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern immer in einer Gesellschaft. Deshalb braucht es auch:
    • Eine kritische Prüfung der gesellschaftlichen Einflüsse (zum Beispiel in Schule oder Medien).
    • Eine Verbindung aller menschlichen Tätigkeiten (Arbeit, Kunst, Politik usw.), damit sich die Menschheit insgesamt weiterentwickelt.

 

Vier Prinzipien von Benner:

Individuelle Seite

Gesellschaftliche Seite

1. Bildsamkeit → der Mensch kann sich selbst bilden und bestimmen.

3. Gesellschaftliche Einflüsse müssen pädagogisch geprüft und verbessert werden.

2. Aufforderung zur Selbstständigkeit → der Mensch soll aktiv und eigenständig handeln.

4. Alle menschlichen Tätigkeiten hängen zusammen und sollen die Menschheit weiterentwickeln.

Was ist Benners Ziel?
Er will keine "normative" Erziehung (also: einseitig Ziele vorgeben und einfach durchsetzen).
Stattdessen soll Erziehung anregen, helfen, ermöglichen – das Kind soll selbstständig denken und handeln lernen.

 

  1. Negatives Bild von Erziehung:
    Erziehung wird oft mit Fremdbestimmung verbunden – also damit, dass Erwachsene Kinder zu etwas zwingen oder manipulieren (z.B. mit Strafen, Drohungen, Tricks). Viele lehnen das ab und finden: So etwas sollte man gar nicht „Erziehung“ nennen.
  2. Geschichtliche Belastung:
    In der Geschichte war Erziehung nicht immer auf Freiheit oder Selbstständigkeit ausgerichtet. Oft diente sie dazu, Kinder an politische oder religiöse Herrschaftssysteme zu unterwerfen.
  3. Vielseitigkeit und Unklarheit:
    „Erziehung“ kann extrem viele verschiedene Dinge bedeuten:
  • ein Prozess oder ein Ergebnis,
  • eine bewusste Absicht oder eine unbewusste Beeinflussung,
  • eine Beschreibung oder eine Bewertung,
  • etwas absichtlich Geplantes oder zufällig Entstandenes.
    Dadurch verliert der Begriff seine Schärfe.

Was bedeutet das für die Wissenschaft?

  • Der Begriff „Erziehung“ ist kein feststehender, eindeutiger Gegenstand.
  • Er ist ein kommunikativer Marker – ein Wort, das verschiedene Leute sehr unterschiedlich füllen und verwenden.
  • Es gibt keinen direkten Zugriff auf die Persönlichkeit eines Kindes. Erziehung kann immer nur versuchen, einzelne Fähigkeiten oder Qualitäten zu fördern – aber nie vollständig bestimmen, wie ein Kind wird.

Das wird auch das Kontingenzprinzip genannt:

  • Kontingenz heißt: Es kann auch ganz anders kommen, als geplant oder gewünscht.
  • Erziehung bleibt also unverfügbar – man kann sie nie völlig kontrollieren.

Rousseaus Erziehungsbegriff:

Zentrale Gedanken aus „Emile“:

  1. Kindgerechte Erziehung
    → Erziehung soll stufenweise erfolgen – angepasst an die jeweilige Entwicklungsphase des Kindes.

  2. Negative Erziehung (im frühen Alter)
    → Das Kind soll nicht belehrt oder moralisch unterwiesen, sondern vor schädlichen Einflüssen geschützt werden.
    → Es lernt durch eigene Erfahrungen und im Umgang mit der Natur.

  3. Selbsttätigkeit und Freiheit
    → Kinder sollen selbst entdecken und lernen dürfen – der Erzieher begleitet zurückhaltend und stellt eine Umgebung bereit, in der das Kind „von selbst“ lernt.

  4. Natur als Lehrmeisterin
    → Die Natur ist das eigentliche Vorbild. Ziel ist ein Mensch, der frei, vernünftig und moralisch handelt – aber nicht durch äußeren Zwang, sondern aus innerer Überzeugung.

  5. Spätere Moralisierung
    → Erst im Jugendalter (etwa ab 15) wird das Kind gezielt moralisch gebildet – aber auf der Grundlage vorher selbst gemachter Erfahrungen.

Ziel der Erziehung laut Rousseau:

Die Entwicklung eines autonomen, natürlichen und moralisch handelnden Menschen, der trotz (und innerhalb) der Gesellschaft frei bleibt.