Wunschlisten?!
Wunschlisten?! Ja, Wunschlisten!
Ich ahne schon, dass ich mit dieser Idee (und dem dahinterstehenden inneren Wunsch) bei manchen nicht sofort auf Begeisterung stoßen werde. Aber ich bin fest davon überzeugt (und weiß es auch aus eigener Erfahrung), dass diese Idee einen echten Mehrwert für den Unterricht und die Lehrer-SchülerInnen-Beziehung bringen kann.
Bitte nicht falsch verstehen: Die Kinder steuern den Unterricht natürlich nicht, denn bestimmte Inhalte müssen vermittelt werden. Das ist auch vollkommen richtig so, denn der Lehrplan existiert nicht ohne Grund, und wir Lehrkräfte sind dazu verpflichtet, Wissen zu vermitteln. Wir können also nicht einfach nur das machen, was wir gerade möchten.
Trotzdem habe ich zu Beginn des Schuljahres in meinen Klassen eine Wunschliste eingeführt. Zum einen, um gezielt auf die Interessen der SchülerInnen eingehen zu können , zum anderen, weil ich finde, dass wir als Lehrpersonen auch die Verantwortung haben, an die Lebenswelten der Kinder anzuknüpfen und diese in den Unterricht zu holen. Natürlich sollen die Kinder auch neue Dinge kennenlernen, Dinge, die sie vielleicht noch nie ausprobiert haben. Aber allein das ernstgemeinte Interesse an ihren Lebenswelten zu zeigen, ist unglaublich wertvoll – für die Beziehung zwischen Lehrkraft und Klasse, aber auch für die Motivation der SchülerInnen. Wenn ich dann in einer Stunde sagen kann: „Ey, das habt ihr euch gewünscht!“ – das ist so ein schönes Gefühl. Es zeigt den Kindern: Ich nehme eure Wünsche ernst. Und es macht für sie greifbarer, warum wir etwas im Unterricht machen. Ein nachvollziehbarer Grund zum Lernen ist immer hilfreich, besonders, weil viele Kinder oft gar nicht wissen, warum sie sich jetzt mit einem bestimmten Thema beschäftigen sollen. Es gibt ihnen außerdem das Gefühl: „Ich darf in der Schule mitentscheiden.“ Und das ist unglaublich motivierend, gerade, weil viele Kinder denken, dass sie gar kein echter Teil von Schule sind. Die Idee hinter der Wunschliste ist ganz simpel: Die Kinder sollen motivierter sein, sich als Teil einer Gemeinschaft fühlen und merken, dass sie im Unterricht respektvoll behandelt werden.
Wie läuft das ab?
Ich habe das im Musikunterricht eingeführt. In der ersten Stunde lernen wir uns zunächst kennen. Am Ende der Stunde stelle ich dann die Frage: „Was wünscht ihr euch für den Musikunterricht in diesem Jahr?“ Die Kinder dürfen ihre Ideen äußern, und ich notiere die Wünsche (inklusive der Namen). Ich habe das mittlerweile in mehreren Klassen gemacht – und es kamen immer Vorschläge, die umsetzbar waren und inhaltlich sogar mit dem übereinstimmten, was ich ohnehin schon für das Schuljahr geplant hatte. Es war also noch nie ein Hindernis, sondern jedes Mal eine echte Bereicherung. Die Kinder bringen oft richtig gute Ideen mit oder eben Dinge, die ohnehin schon vorgesehen waren. Und wenn ich dann eine geplante Stunde halten kann und gleichzeitig sagen darf, dass das ein Wunsch der Klasse war. Glaub mir, die Kinder sind 100-mal motivierter! Bisher musste ich noch nie einen Vorschlag ablehnen. Viele Wünsche überschneiden sich, nicht jedes Kind meldet sich, und am Ende hat man etwa 8 realistische Wünsche – davon sind meist 5 sowieso schon geplant, und 3 lassen sich oft leicht in Bereichen wie z. B. Liedauswahl flexibel einbauen. Der Aufwand für mich war also minimal, aber der Effekt war riesig: motiviertere Schüler*innen, die sich gesehen und ernstgenommen fühlen.
Eine kleine Anekdote zum Schluss:
Nach der allerersten Musikstunde in einer neuen Klasse kam eine Schülerin zu mir und bedankte sich (schon in der ersten Stunde!). Sie fand es toll, dass ich eine Wunschliste gemacht habe und sie ihre Ideen einbringen durfte. Wir kannten uns noch gar nicht, und trotzdem war es ihr so wichtig, dass sie das direkt nach der Stunde loswerden wollte. Bisher habe ich ausschließlich positive Rückmeldungen bekommen. Vielleicht gefällt dir die Idee ja auch :)
Ich wollte einfach diese schöne Erfahrung mit dir teilen. Und wer weiß, vielleicht kannst du mir ja bald von deinen eigenen positiven Erlebnissen berichten!
Nur als kurze Anmerkung...
Das mache ich auch gerne: Ich erstelle eine schöne Liste mit all den Wünschen und teile sie in der zweiten Stunde aus. So können die SchülerInnen sogar auch Wünsche abhaken, das zeigt zum einen, dass die Wünsche auch wirklich von der Lehrperson erfüllt werden und zum anderen auch, worauf sie sich noch freuen dürfen :)
Ganz einfach wäre beispielsweise so etwas...
Ich stelle dir gerne meine Vorlage für die Wunschliste zur Verfügung. Das ist eine wirklich einfache Version, also erwarte nicht zu viel... Ich persönlich bevorzuge einfach eine eigene und schnell gezeichnete Vorlage (mittels Procreate) vor einer geometrisch perfekten aus Word, denn schließlich ist keiner Perfekt und ich liebe auch die Imperfektion :)