Philosophieren mit Kindern

Kurz und knackig... Das brauchst du, um eine philosophische Einheit durchzuführen:

  • Eine offene, altersgerechte Leitfrage

  • Impulse zum Einstieg (z. B. Bild, Text, Musik, Film, Gedicht)

  • Gesprächsregeln, die mit den Kindern eingeführt oder wiederholt werden

  • Zeitstruktur, z. B. mit einer Sanduhr

  • Redegegenstand (Sprechball o. Ä.), um Ordnung ins Gespräch zu bringen

  • Neutralität und Zurückhaltung der Lehrperson

  • Vorbereitete Impulsfragen, falls das Gespräch stockt

  • Eine kleine Aktion im Anschluss, die das Gespräch erfahrbar und greifbar macht

Große Fragen für kleine Denker...


Schon der Versuch, eine allgemeingültige Definition von „Philosophie“ zu finden, endet meist in einem fortwährenden Prozess des Suchens und Weiterdenkens. Genau darin liegt das Wesen des Philosophierens: Es geht nicht in erster Linie um die eine richtige Antwort, sondern um den Weg, den man gemeinsam oder allein beim Nachdenken beschreitet.

Friedrich Nietzsche schrieb einst: „Was ist das eigentlich, was ich tue? Und was will gerade ich damit?“ – für ihn waren das die persönlichsten Fragen der Wahrheit. Er kritisierte, dass in der Bildung häufig oberflächliche Themen oder gesellschaftliche Konventionen Vorrang haben, während Raum für das Fragen nach der Wirklichkeit fehlt. Dabei ist gerade dieses Fragen für Kinder ein natürlicher Antrieb: Sie wollen verstehen, warum Dinge so sind, wie sie sind, und warum es überhaupt etwas gibt und nicht nichts.

In vielen Schulen gewinnt das Philosophieren mit Kindern inzwischen an Bedeutung. Noch immer findet es aber nicht überall seinen Platz, obwohl Kinder täglich unzählige Fragen stellen, die sich hervorragend für ein gemeinsames Weiterdenken eignen.

 

Was bedeutet Philosophieren eigentlich?

Wenn wir „Philosophie“ hören, denken viele sofort an dicke Bücher, komplizierte Theorien und große Denker wie Kant oder Aristoteles. Doch das Philosophieren, um das es hier geht, ist etwas anderes: ein natürliches, alltagsnahes Philosophieren.

Es ist ein Prozess des Fragens und Weiterdenkens. Das kann allein geschehen, aber besonders bereichernd wird es im Dialog – sei es mit einer anderen Person oder in einer Gruppe. Man teilt Gedanken, Zweifel, Gefühle und Argumente miteinander und entdeckt dabei neue Perspektiven.

Eine philosophische Frage ist dabei nicht eindeutig zu beantworten. Sie berührt Themen, die die Menschheit seit jeher bewegen: Ist es mutiger, etwas zu sagen oder nichts zu sagen? Sollten alle Menschen gleich viel besitzen? Kann es zu viel geben? ...

Entscheidend ist nicht, eine Lösung zu finden, sondern eigene Denkweisen zu hinterfragen, die Sicht anderer zu respektieren und Sprache bewusst zu verwenden.

 

Warum ist das Philosophieren mit Kindern wertvoll?

Kinder sind von Natur aus kleine Philosophen. Sie stellen Fragen, die Erwachsene oft ins Staunen bringen: "Ist alles, was ich weiß, auch wirklich wahr?"

Philosophische Gespräche geben diesen Fragen Raum. Sie fördern nicht nur das eigenständige Denken, sondern auch das Zuhören, das Abwägen und das Respektieren anderer Sichtweisen. Kinder lernen, dass es bei manchen Fragen kein „richtig“ oder „falsch“ gibt – und dass gerade das spannend ist.

Das Philosophieren ist damit nicht bloß ein Gespräch über abstrakte Themen, sondern auch ein pädagogisches Mittel: Es stärkt das Sozialverhalten, regt zu Kreativität an und öffnet den Blick für die eigene Lebenswelt.

Wie ein philosophisches Gespräch gelingen kann


Grundsätzlich lässt sich das Philosophieren mit Kindern in drei Phasen gliedern: die Vorbereitungsphase, das eigentliche philosophische Gespräch und das abschließende Metagespräch.

Die Vorbereitungsphase

Gerade beim ersten Philosophieren ist es wichtig, die Gesprächsregeln einzuführen – und auch später lohnt es sich, diese regelmäßig zu wiederholen.

Den Einstieg ins Thema kann man vielfältig gestalten: durch Bilder, kurze Texte, Gedichte, Musikstücke, Videos oder andere Impulse. Entscheidend ist, dass der Einstieg offene Fragen aufwirft, die Kinder neugierig machen und zum Weiterdenken anregen. Dabei gilt: Nicht jedes Thema eignet sich für jede Altersstufe. Besonders sensible Themen wie Trauer sollten nur mit Bedacht und in Rücksicht auf die Reife und die Erfahrungen der Kinder behandelt werden.

Die Vorbereitungsphase schafft die Atmosphäre, die für ein gelungenes Gespräch notwendig ist. Je sorgfältiger sie durchdacht ist, desto leichter gelingt der Übergang in die nächste Phase.

 

Das philosophische Gespräch

In dieser Phase tauschen die Kinder ihre Gedanken, Erfahrungen und Gefühle aus. Gemeinsam versuchen sie, Antworten auf die eingangs gestellte Frage zu finden. Damit das Gespräch gut gelingt, sind einige Rahmenbedingungen wichtig:

  • Zeitbegrenzung: Mit einer Sanduhr (ca. 10 Minuten) lässt sich die Gesprächszeit gut strukturieren.

  • Redeordnung: Ein Sprechball sorgt dafür, dass immer nur ein Kind spricht. Wer etwas beitragen möchte, signalisiert dies mit einer Schalen-Geste.

  • Neutralität der Lehrperson: Die wohl größte Herausforderung ist es, sich als Lehrperson zurückzuhalten. Keine Bewertungen, kein „Schön“ oder „gute Idee“ – die Atmosphäre soll offen und urteilsfrei bleiben.

  • Pausen aushalten: Schweigen ist erlaubt und oft wertvoll, da es Kindern Zeit gibt, nachzudenken und Mut zu fassen.

  • Impulsfragen bereithalten: Wenn das Gespräch stockt, können vorbereitete Fragen helfen, das Denken neu anzustoßen.

Am Ende des Gesprächs kann eine kleine Aktion helfen, das Besprochene zu verarbeiten. Beispiele sind ein Bild malen, eine Szene darstellen, eine kurze Geschichte erzählen, ein Bodenbild legen oder eine Mindmap erstellen.

 

Das Metagespräch

Im Metagespräch reflektieren die Kinder gemeinsam mit der Lehrperson, wie das Gespräch verlaufen ist. Sie überlegen, ob alle zu Wort gekommen sind, welche Methoden hilfreich waren und was beim nächsten Mal verbessert werden könnte.

Diese Phase stärkt das Bewusstsein für gelingende Kommunikation, fördert das eigene Denken und macht den gesamten philosophischen Prozess bewusster und nachhaltiger.

 

 

Philosophieren mit Kindern bedeutet, sie ernst zu nehmen – mit ihren Fragen, Zweifeln und Gedanken. Es schafft Räume, in denen sie ihre Welt nicht nur erfahren, sondern auch deuten lernen.

Während im Alltag oft schnelle Antworten erwartet werden, lehrt das Philosophieren, dass es wertvoll ist, bei einer Frage zu verweilen. 

Überall können Anlässe zum gemeinsamen Nachdenken entstehen. Es braucht nur Offenheit, Geduld und die Bereitschaft, sich von den Gedanken der Kinder überraschen zu lassen.

Viel Spaß beim Philosophieren ;)